04.10.2018
Kategorie: Kreishandwerkerschaft

Tag des Handwerks: Lieber gefragter Meister statt armer Master


Der Fachkräftemangel ist keine bloße Gefahr mehr. Er ist längst Realität geworden. „Wie viele Lehrlinge hast du? Und wie viele hättest du gerne?“: Solche Frage stellten sich die Handwerksmeister immer wieder gegenseitig beim Tag des Handwerks der Kreishandwerkerschaft Limburg-Weilburg. Aber auch fast jeder Redner des offiziellen Programms verwies darauf, dass die Handwerksbetriebe größere Umsätze machen, Aufträge schneller abarbeiten und neue Dienstleistungen anbieten könnten, wenn sie nur mehr Leute hätten.
Handwerker wären aber nicht Handwerker, wenn sie nur jammern würden. Vielmehr gehen sie und ihre Verbände das Problem des Nachwuchsmangels aktiv an. Kreishandwerksmeister Wolfram Uhr stellte die neue bundesweite Werbekampagne vor. Sie zielt, anders als ihre Vorgänger, nicht in erster Linie darauf, die Qualität von Handwerksarbeit gegenüber Billigprodukten herauszustellen. Vielmehr versucht sie, junge Leute zu erreichen und ihnen klar zu machen, dass die Lehre der Einstieg in ein lukratives, spannendes und angesehenes Berufsleben sein kann.

Damit wird es allerdings nicht getan sein, betonte Uhe. Vor allem gelte es, der Vorstellung entgegenzuwirken, dass nur ein Studium erstrebenswert sei. „Lieber ein gefragter Meister als ein prekär beschäftigter Master“, fasste der Kreishandwerksmeister die Botschaft zusammen. Neben diesem angestrebten Bewusstseinswandel gehe es allerdings auch um konkrete politische Forderungen. So müsse das Pilotprojekt „Berufsabitur“, das derzeit an einzelnen Standorten in sechs Bundesländern den parallelen Erwerb einer Berufsausbildung und des Abiturs ermöglicht, deutlich ausgeweitet werden.
Außerdem forderte Uhe, dass die Politik zu der Vereinbarung steht, nach der junge Flüchtlinge, die eine Ausbildung absolviert haben, für mindestens zwei Jahre bleiben dürfen, damit der jeweilige Betrieb auch etwas von ihrer Arbeitskraft hat. „Das wird in verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt. Wenn das nicht flächendeckend garantiert werden kann, werden die Betriebe bald keine Flüchtlinge mehr ausbilden“, warnte Uhe. Und schließlich müsse man kritisch nachfragen, warum junge Menschen im Studium vom Staat stark gefördert werden, in der Berufsausbildung aber kaum.
Neben solchen grundsätzlichen Weichenstellungen forderte Wolfram Uhe Veränderungen bei den Berufsschulen. Er verlangte, dass die Mindestgröße für Berufsschulklassen von 15 auf zehn Lernende gesenkt wird. Mit jedem Berufsbild, für das es keine Berufsschulklasse mehr gibt, blute die Region weiter aus. „Wer den ländlichen Raum, und dazu gehört unser Landkreis, stärken will, der muss die regionalen Besonderheiten annehmen, um passgenaue Lösungsansätze zu finden. Mit den bisherigen bildungspolitischen Instrumenten wird eine Konzentration auf die Oberzentren nicht aufzuhalten sein“, sagte der Kreishandwerksmeister.

Klaus Repp, Präsident der Handwerkskammer Wiesbaden, konzentrierte sich in seinem Grußwort auf ein anderes großes Thema: die Digitalisierung. „Sie ist im vollen Gang“, sagte Repp. „Aber das ist kein Grund, sie als Bedrohung wahrzunehmen.“ Vielmehr müssten Handwerksbetriebe die Digitalisierung nutzen, um Arbeitsabläufe im Betrieb zu erleichtern und um ihre Kunden auf neuen Kommunikationswegen anzusprechen.

Wie sich das im Detail umsetzen lässt, war das Thema der Unternehmerin und Wirtschaftsprofessorin Dr. Anabel Ternès. Sie gab den rund 350 Gästen in der Limburger Unterkirche der Pallottiner Einblicke in zahlreiche Trends der heutigen, durch mobile Internetanwendungen geprägten Gesellschaft. Beim abschließenden Buffet, das die Metzger und Bäcker vielfältig ausgestattet hatten, konnten die Besucher aus Handwerk, anderen Wirtschaftszweigen, Gesellschaft und Politik über das Gehörte und über ihre Strategien gegen den Nachwuchsmangel in den Betrieben ins Gespräch kommen.
Und schließlich durfte beim Tag des Handwerks die traditionelle Auszeichnung der besten Absolventen der Gesellenprüfung im Landkreis Limburg-Weilburg nicht fehlen. Dazu nahm Mario Rohrer, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Limburg, das Heft in die Hand. Schließlich sind sein Haus und das Schwesterinstitut aus Weilburg seit Jahren die Hauptsponsoren des großen Handwerksempfangs. Für ihre herausragendes Abschneiden wurden folgende junge Menschen ausgezeichnet: Friseurin Jaqueline Alves Trindade (Betrieb Sabine Trindade, Mengerskirchen), Dachdecker Julien Bürger (Kissel Bedachungen, Villmar), Maler/Lackierer Carl-Christian Ebel (Jens Richter, Weilmünster), Anlagenmechaniker SHK Jannik Ille (Lewalter, Weinbach), Anlagenmechaniker SHK Murat Katik (EBS, Limburg), Kauffrau für Büromanagement Bäckerei Nicole Kleinschmidt (Schäfer dein Bäcker, Limburg), Kaufmann für Büromanagement Bäckerei Timon Konstantinidis (Schäfer dein Bäcker, Limburg), Zimmerer Niklas Kopp (Michael Dombach, Hünfelden), Anlagenmechaniker SHK Atthachai Lekhnog (Holger Bursky, Beselich), Jacinta Marques-Oliveira (Sabine Trindade, Mengerskirchen), Analgenmechaniker SHK Niklas Müller (Martin Metzler, Weilmünster), Cinzia Saquella (Marion Saquelle, Elz), Kaufmann für Büromanagement SHK Lukas Scheu (Klum, Bad Camberg), Friseurin Helena Schmidt (Akcakaya Ufuk, Limburg), Fahrzeuglackierer Lukas Städtler (Autolackiererei Hohler, Weilmünster), Anlagenmechaniker SHK Furkan Uzunöz (Geis, Beselich).

Bilder vom Tag des Handwerks finden Sie in der Bildergalerie


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